Die Neurodermitis /atopische Dermatitis / atopisches Ekzem ist die häufigste chronisch-entzündliche Hautkrankheit. Ca. fünf Prozent der westlichen Bevölkerung sind befallen. Als allergische Erkrankung ist sie häufig mit anderen allergischen Manifestationen, wie Heuschnupfen, Asthma bronchiale oder Nahrungsmittelallergien assoziiert. Die Symptome reichen von minimalen Erscheinungen, wie eingerissene Mundwinkel, Ohrläppchen oder Lidekzemen bis hin zu generalisierten, überinfizierten Ekzemen der gesamten Haut (Gesicht, Kopfhaut, Hände etc.). Für Laien ist beim Hautekzem der Unterschied zur Schuppenflechte und zum seborrhoischen Ekzem manchmal nicht sofort ersichtlich.
Der Verlauf ist (meist) schubweise, kann aber auch stationär sein. Oft ist die Haut sehr trocken. Weiterhin sind trockene, spröde Lippen, vermehrte Fältchen und dunkle Ringe um die Augen und seitlich gelichtete Augenbrauen häufig und typisch.

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Ursachen von Neurodermitis

Als Ursachen sind eine genetische Disposition, die zu Störungen im Haut-Immunsystem und der Haut-Barrierefunktion führt. Häufig finden sich Sensibilisierungen gegen verbreitete Umweltallergene (Hausstaubmilbe, Pollen,Tierhaare) und gegen Nahrungsmittel. Die Erkrankung ist durch eine Reihe von Faktoren provozierbar: Infekte, (plötzliche) Klimaveränderungen, Schwitzen, bestimmte Textilien (Wolle) , Waschmittelrückstände , Allergien, insbesondere Nahrungsmittelallergien und häufig durch psychische Belastungen („Neuro“-dermitis). Die Haut ist oft mit Bakterien (Staphylokokkus aureus) und öfter auch mit Pilzen (Malassezia) sekundär überbesiedelt. Diese Besiedelung mit Infektionserregern erschwert die Abheilung.

Prophylaxe

Wie für andere allergische Erkrankungen, wie Atemwegsallergien, mehreren sich die Hinweise, dass die frühkindliche Sozialisation in einer „schmutzigen Umgebung“ auf einem Bauernhof schützend wirkt (Hygienetheorie). Hundekontakt schützt vor Neurodermitis, Katzenkontakt stellt dagegen, wie für Atemwegsallergien, einen Risikofaktor dar. Den Müttern wird empfohlen, mindestens 4 Monate lang ausschließlich zu stillen. Danach kann und soll zugefüttert werden, auch mit allergenen Nahrungsmitteln wie Hühnerei. Fischkonsum im ersten Lebensjahr scheint ebenso schützende Effekte zu haben wie Fischkonsum der Mutter in der Schwangerschaft. Der Grund ist, dass im 5.-12. Lebensmonat die Chance zur Entwicklung einer Immuntoleranz gegen diese Nahrungsmittel besonders groß ist. Fettleibigkeit in der Kindheit begünstigt die Entwicklung einer Neurodermitis.

Behandlung von Neurodermitis

Die Behandlung der Neurodermitis muss individuell stadiengerecht und kombiniert erfolgen. Die Basistherapie in Schüben und bei stärkeren Entzündungen ist und bleibt die äußere Behandlung mit Corticoiden. Hier sollten Präparate mit geringer Potenz zur Hautverdünnung und diese nur über einen begrenzten Zeitraum (bis 4 Wochen) kontinuierlich verabreicht werden. Als antientzündliche Alternative sind in den letzten Jahren die Calcineurin-Inhibitoren Tacrolimus (Protopic) und Pimecrolimus (Elidel) hinzugekommen. Dies sind zwar nicht so stark wirksam wie Corticoide, beinhalten aber nicht das Risiko der Hautverdünnung. Pressemeldungen über eine mögliche Induktion von Lymphomen bei langzeitiger Anwendung haben sich bei Überprüfung nicht bewahrheitet.

Im subakuten und chronischen Stadium steht die Wiederherstellung der gestörten Hautbarriere im Vordergrund. Diese kann durch wirkstofffreie Basis-Cremes und Salben erfolgen. Die konsequente prophylaktische Anwendung dieser Präparate bei gefährdeten Kindern kann den Ausbruch einer Neurodermitis verhindern. Zur Nachbehandlung nach erfolgreich behandeltem Schub hat sich in den letzten Jahren die sogenannte „proaktive Therapie“ etabliert. Hier werden zur Verhinderung neuer Schübe 2x wöchentlich Corticoidpräparate oder Tacrolimus (Protopic) auf die zuvor entzündeten Areale aufgetragen. An den restlichen Tagen wird mit Pflegecremes behandelt. Die Behandlung mit äußeren Vitamin B12-Präparaten hat, entgegen den publizierten Mediendarstellungen, nur schwache, ungenügend dokumentierte Effekte.

Ergänzend kann eine Lichttherapie gut symptomlindernd und abheilungsfördernd wirken. Gut untersucht ist die Wirksamkeit von 311nmUVB-Licht und dem langwelligen UVA1-Licht. In neueren Untersuchungen zeigt die Blaulichttherapie (400-500 nm) ebenfalls gute Effekte ohne die potentiellen Risiken einer Corticoid- oder UV-Licht-Therapie. Innerlich werden bei starkem Juckreiz Antihistamine gegeben, tagsüber nicht sedierende, abends auch sedierende zur Schlafförderung. In schweren Fällen kommen Immunmodulatoren, wie Ciclosparin A, Methotrexat, Azothioprin und Mycophenolsäure zum Einsatz. Eine grundsätzlich bakterienhemmende Therapie ist wegen der gehäuften Besiedelung der Neurodermitikerhaut mit Bakterien (Staphylokokken) sinnvoll. Hier hat sich die Substanz Fusidinsäure (z.B. Fusicutan, Fucidine) etabliert.

Kosmetik: Bei der Auswahl von Pflegeprodukten sind einige Faktoren zu berücksichtigen: Anwendung reichhaltiger Feuchtigkeitscremes mit physiologischen Fetten (z.B. Squalen, keine Vaseline). Evtl Zusatz von Moisturizern (z.B. Harnstoff, Glycerin, Hyaluronsäure, Ektoin). Dekorative Kosmetik nicht zu fettig. Vorsicht bei Konservierungsmitteln und Emulgatoren (auch Wollwachsalkohole). Bei fraglicher Unverträglichkeit muss ein Allergietest durchgeführt werden. Neurodermitiker brauchen ein spezielles Wohnklima.

Die Temperatur sollte etwa 20 Grad, die Luftfeuchtigkeit über 50 %, besser noch über 60 % betragen. Stellen Sie, insbesondere während der Heizperiode, Luftbefeuchter auf, oder hängen sie zumindest nasse Handtücher auf. Kontrollieren Sie das Raumklima mit Hygrometern. Meiden Sie jede Reizung Ihrer ohnehin geschädigten Haut. Tragen Sie beispielsweise bei allen Tätigkeiten, die die Hände belasten, wie Geschirrspülen, Putzen, Autoreparaturen usw. immer Gummihandschuhe und darunter, falls nötig, dünne Baumwollhandschuhe. Tragen Sie nur Kleidung aus gekämmter Baumwolle auf der Haut. Wolle und andere tierische Fasern (Kamelhaar, Felle) sind zu meiden.

Vermeiden Sie alles, was Juckreiz provoziert, z. B. starkes Schwitzen (wenn Sie auf schweißtreibende Sportarten und Sauna nicht verzichten wollen, duschen Sie zumindest unmittelbar danach kühl und cremen Sie anschließend die noch feuchte Haut ein). Oft entscheidend für den therapeutischen Fortschritt ist das Schaffen einer ausgeglichenen Psyche. Neurodermitiker neigen zu großem Ehrgeiz und zur Überforderung, die sich ungünstig auf die Erkrankung auswirken können. Achten Sie auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Beruf und Freizeit, zwischen geistiger und körperlicher Betätigung und auf genügend Schlaf. Stellen Sie, wenn irgend möglich, psychische Belastungen ab.

Über Möglichkeiten eines Entspannungstrainings und über manchmal nötige psychotherapeutische Verfahren informieren wir Sie. Falls Sie eine ausgeprägte Neurodermitis haben (bzw. Ihr Kind), verbringen Sie Ihre Urlaube am Meer (vorzugsweise Nordsee) oder im Hochgebirge. Meistens besteht ein Teufelskreis zwischen Juckreiz, Kratzen und Hautveränderungen. Bei starkem Juckreiz werden Ihnen in der Regel juckreizlindernde Medikamente verschrieben. Das Kratzen müssen sie allerdings selbst vermeiden. Cremen Sie sich bzw. Ihr Kind vor dem Schlafengehen noch einmal gründlich ein, Peelings (z.B. Fruchtsäure-Peelings) sind für Neurodermitiker wegen der gestörten Hautbarriere meist nicht zu empfehlen. Das gleiche gilt für Microdermabrasion und Needling-Behandlungen.

Was können Sie selbst tun?

Helfen Sie uns bei der Ermittlung der individuellen Provokationsfaktoren. Beobachten Sie, in welchen Situationen, nach welchen Ereignissen, bei welchen klimatischen Verhältnissen Hautveränderungen und Juckreiz auftreten oder sich verschlimmern. Schreiben Sie Nahrungsmittel auf, die Sie erfahrungsgemäß nicht vertragen oder die Sie nicht mögen (bzw. Ihr Kind). Zu meiden sind Zitrusfrüchte, scharfe Gewürze und stark gesäuerte Lebensmittel, evtl. auch Tomaten, Paprika, Fisch, Schokolade, Nüsse, Weißwein (je nach Verträglichkeit). Stillen Sie Ihr Kind mindestens 4 Monate ausschließlich. Geben sie häufig allergene Nahrungsmittel, wie Nüsse, Hühnerei und Fisch erst ab dem 5. Lebensmonat. Essen Sie in der Schwangerschaft ruhig 1-2x pro Woche Fisch.

Halten Sie möglichst keine Katzen. Hunde dagegen senken gemäß derzeitigen Erkenntnisstand das Risiko für die Entstehung einer Neurodermitis. Die beste Prophylaxe scheint das Aufwachsen auf dem Bauernhof zu sein. Gleichzeitig bestehende Atemwegsallergien (Heuschnupfen, Asthma) müssen behandelt werden, wenn möglich, durch eine Hyposensibilisierungsbehandlung. Intensiver Pollen- und Tierhaarkontakt soll gemieden werden. Achten Sie darauf, dass sich in Ihrem häuslichen Bereich keine Schimmelpilze halten können (Bad, Keller).

Hausstaubmilbenallergien sind häufig, schaffen Sie deshalb ein hausstaubarmes Milieu (häufig staubsaugen, keine Staubfänger). Bei nachgewiesener Hausstaubmilbenallergie sollten Teppichböden, Vorhänge und Polstermöbel aus dem Schlafraum entfernt werden. Das Bett sollte möglichst eine Schaumstoffmatratze (keine Rosshaarmatratze!), die Bettdecken eine Synthetik- oder Baumwollfüllung (keine Bettfedern) enthalten, die Überzüge sollen aus Baumwolle sein, tragen Sie einen langärmeligen Baumwollschlafanzug und, wenn nötig, dünne Baumwollhandschuhe und –socken. Besonders bei Kindern können Kratzeffekte so gemindert werden. Bei Juckreiz tagsüber soll nicht gekratzt werden, sondern sofort eingecremt werden (“schmieren statt kratzen”), manchmal hilft auch eine kurze kalte Dusche (danach eincremen).

Halten Sie sich möglichst genau an unsere Therapieanweisungen. Die Basis jeder Neurodermitisbehandlung ist zunächst immer die Beseitigung der Entzündung der Haut und des Juckreizes und die Wiederherstellung des gestörten Hautmilieus. Diese erfordert eine konsequente Hautpflege mit Pflegecremes, wodurch die gestörte Hautbarriere wieder hergestellt und die Entzündungsbereitschaft gemildert wird. 2-3mal pro Woche sollten fettende Bäder durchgeführt werden mit folgenden Badebedingungen:
– Badetemperatur 34 – 36 Grad Celsius.
– Badedauer 5 – 10 Minuten.
– Nach dem Baden nicht gleich abtrocknen, sondern Badeöl 5 – 10 Minuten einwirken lassen.
– Falls nötig, noch feuchte Haut eincremen.

Entzündungshemmende Cremes und Salben einmal abends auftragen. Keine Angst vor Cortison! Wir werden es grundsätzlich nur einsetzen, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen und dann nur kurzfristig. Außerdem werden wir Ihnen nur neuere Präparate verordnen, die ihre Unschädlichkeit in Langzeituntersuchungen bewiesen haben und auch für die Behandlung von Säuglingen zugelassen sind.

Bei sachgerechter und nur kurzfristiger Anwendung solcher Präparate sind keinerlei unerwünschte Wirkungen zu erwarten. Bei leichteren Entzündungen verschreiben wir Ihnen andere, cortisonfreie Mittel. Nach Abklingen der entzündlichen Phase muss der Zustand mit speziellen Hautpflegecremes gehalten werden. Wenn Sie diese Ratschläge beherzigen und sich exakt an die Therapieanweisungen halten, werden sich Ihre Geduld und Ihr Einsatz lohnen!